Robert Menasse, Die Hauptstadt

Coverbild
Image
Im Pixeldesign ist auf weißen Hintergrund ein Stadtausschnitt mit repräsentativen modernen Bauten zu sehen.
Verlag
Suhrkamp
Erscheinungsjahr
2018
Preis
12,00

War nominiert für den deutschen Buchpreis 2017 „In seinem großen europäischen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten , den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen“ (aus der Ankündigung des Verlages.) Die recht pathetisch angekündigte europäische Dimension erschließt sich allmählich aus der Darstellung der Hauptpersonen, deren familiären Hintergrund und ihrer dargestellten Denk- und Verhaltensweisen. Diese sind ein Kommissar in Brüssel, der nach einem Mordfall bis nach Polen ermittelt, ein belgischer Widerstandskämpfer, der das Konzentrationslager Auschwitz überlebt hat, ein Professor aus Österreich, ein Mitarbeiter in einer Behörde der europäischen Union und sein Bruder, beide auch aus Österreich, sowie weitere Mitarbeiter im Verwaltungsapparat der EU, die in Brüssel arbeiten. Diese Mitarbeiter begannen ihr Leben in Tschechien, auf Zypern, in Österreich und anderen europäischen Ländern, deren noch bestehende Bindung sich aus der Darstellung ihres Lebens in Brüssel auch ergibt. Durch diese Darstellung werden Aussagen und Fragestellungen deutlich, die den Zweck und das Ziel der europäischen Union als Organisation hinterfragen, die Erfüllung in Frage stellen, um gleichzeitig Anregungen zu Veränderungen zu geben. Der Roman ist aber keine umfassende Dokumentation, ist begrenzt auf ausgewählte administrative Bereiche, regt aber zum Nachdenken über die gegenwärtig aktuelle Diskussion zur europäischen Union an. Das erfolgt durch die Beschreibung der Personen, der Darstellung ihres Umfeldes, aber auch ihrer Handlungen, einschließlich der Handlungszwänge. Daraus ergeben sich möglicherweise auch der Leser*in nur bedingt oder nicht bekannte Aspekte zur aktuellen Zusammenarbeit und Arbeitsweise in der Administration der europäischen Union, die sowohl aus Landesinteressen, aber auch durch die Charaktere der Personen sehr differenziert sind. Die Darstellung der Personen und Situationen ist lesenswert und trotz oder wegen der politischen Aspekte besonders spannend. Dazu gehört auch der Mord in Brüssel, seine möglichen Hintergründe und die darin wiederum dargestellte europäische Dimension. Das in Brüssel umherlaufende Schwein ist möglicherweise ein vergnüglicher oder auch zusätzlich hintergründiger Aspekt des Romans. Das sollte jedoch jede Leser*in selbst entscheiden.