Bagdad, Stadtteil Batawin, zwei Jahre nach der US-amerikanisch geführten Intervention und dem Sturz Saddam Husseins. Der Bürgerkrieg eskaliert, die Milizen liefern sich erbitterte Kämpfe, Selbstmordattentate erschüttern die Stadt.
Hadi al-Attag, seines Zeichens Trödler und Geschichtenerzähler, sammelt die Leichenteile von Opfern der Bombenanschläge, zu denen Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen gehören, und näht sie zu einem Kadaver zusammen. Doch als seine Gestalt zum Leben erwacht und verschwindet, schwappt eine Welle schauriger Morde über die Stadt. Berichte über einen abscheulichen Verbrecher machen die Runde und Hadi erkennt, dass er ein Monster erschaffen hat. Eine Kreatur, in der die irakische Bevölkerung auf paradoxe Weise vereint ist und Rache nimmt für die jeweiligen Opfer, aus deren Körperteilen der neue Frankenstein zusammengesetzt ist.
Der irakische Geheimdienst heftet sich an die Fersen des anonymen Mörders, ein Journalist zeichnet ein Gespräch über die Geschehnisse auf, eine Tonbandaufnahme landet in den Händen des Romanautors. Ein Vexierspiel über einen Geschichtenerzähler, der eine Geschichte erzählt, die eine Geschichte erzählt und in der Realität und Fiktion untrennbar verschmelzen.
Saadawis moderne Adaption und Politisierung des Frankenstein-Stoffes ist die Parabel über einen Gesellschaftszustand, in dem eskalierende Gewalt ständig neue Gewalt gebiert und die Grenzen zwischen schuldig und unschuldig verschwimmen. Einzig eine alte Frau vermag sich dieser Spirale zu entziehen und entwirft kurz vor ihrem Gang ins Exil das Bild eines möglichen Ausgangs.
Der Roman wurde u.a. mit dem International Prize for Arabic Fiction ausgezeichnet und in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Ahmed Saadawi
Frankenstein in Bagdad
Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich
Assoziation A